Hans Selye wird «Vater der Stressforschung« genannt, weil er sich schon am Anfang des letzten Jahrhunderts intensiv wissenschaftlich mit dem Thema Stress auseinandersetzte. Er entwickelte in den 1930er Jahren das bis heute anerkannte Konzept, dass die Stressreaktion eine Anpassung des Gesamtorganismus ist, die mit einer erhöhten Aktivität der Nebennierenrinden-Hypophysen-Achse einhergeht.

Diese Erkenntnis bedeutet, dass durch den Stress das sympathische Nervensystem vermehrt aktiv wird und die Hormone Adrenalin, Noradrenalin und Cortisol vermehrt im Körper zirkulieren. Negativer Stress verursacht über kurz oder lang Erschöpfung und stressbedingte Erkrankungen.

Stressbedingten Erkrankungen aus ayurvedischer Sicht

Die zentralen Symptome werden durch Reizung des dosha vāta hervorgerufen. Vāta wird durch Sorgen und Gedankenkreisen, wiederholte beziehungsweise chronische Überlastung, unregelmäßiges Essen, Schock oder Verlust, Schlafmangel, zu viel Reisen, instabile Lebensumstände und so fort verstärkt und gereizt. Aber auch eine Reizung von pitta kann am Ende eine Vāta-Störung hervorrufen. Vor allem zu hohe Selbstansprüche und Perfektionismus führen zur Selbstüberforderung.

Diese pitta-bedingte »Selbstausquetschung« führt über Austrocknung dazu, dass in der Folge vāta zunimmt. In beiden Fällen ist das Ergebnis, dass der dosha vāta übermäßig zunimmt. Vāta trocknet dann die Gewebe ein und vermindert deren Widerstandskraft. Außerdem schwächt vāta die Verdauungsfeuer, agni. Dies kann zu āma führen, unvollständig verdauten Abbauprodukten. Diese sind schwer, reizend und klebrig und zirkulieren mit den veränderten dosha und den unvollständig aufgebauten rasa-dhātu, Plasma, durch die Kanäle des Körpers. Das führt zur weiteren Fehlernährung und Schwächung der Gewebe. Das System kippt in die Erschöpfung, wenn die Kanäle durch āma verstopft werden und der Prāna-Fluss immer mehr zum Erliegen kommt. Die Erkrankung wandert durch alle Gewebe und setzt sich in den zentralen Geweben, majjā, dem Mark, und shukra, der progenetischen Kraft, ab. Diese sind für die Entstehung von Lebensmut und Kraft sowie den Aufbau von Immunität und Abwehrkraft zuständig.

Schulmedizinische Therapieziele

In der Schulmedizin geht man nach den »4-mal E« nach Hillert und Marwitz vor. Als erstes soll PatientInnen Erkennen. Sie sollen überhaupt annehmen, dass sie in einem behandlungsbedürftigen Zustand sind. Dann kommt das Entlasten, also die Reduktion der Stressoren und das Erholen mit Entspannung, Sport treiben, Hobbies fördern, insbesondere kontemplative Techniken, religiöse Praktiken und das Pflegen von Freundschaften und so weiter. Geht es den PatientInnen besser, ist das nächste Ziel das Ernüchtern durch Abbau von Perfektionismus, Verbessern von sozialen Fertigkeiten und der Identifikation von Zeitfressern und Krafträubern. Das Ganze kann tiefenpsychologisch und medikamentös unterstützt und begleitet werden.

Ayurvedische Therapieziele

Die Therapie soll aus ayurvedischer Sicht vāta kontrollieren, je nach Verursachung auch pitta harmonisieren, agni stärken, āma verdauen. Dadurch soll das System wieder in der Lage sein, die geschwächten Gewebe und die Immunität wieder aufzubauen.

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