Das zentrale Thema der ayurvedischen Physiologie ist die Nahrungsaufnahme und Verdauung. Ohne Nahrungsaufnahme kann der Körper nicht erhalten werden und erkrankt. Der Stoffwechsel wird in der ayurvedischen Diagnose eigenständig, unabhängig von der Beurteilung der doṣas betrachtet. Eine ayurvedische Therapie beginnt grundsätzlich damit, den Stoffwechsel zu regulieren. Ohne diese Maßnahme sind alle anderen therapeutischen Bemühungen entweder nutzlos oder von kurzem Erfolg.

agni – das Verdauungsfeuer

agni heißt wörtlich Feuer und existiert durch das Feuerelement, tejasmahābhūta. Feuer gibt es nicht nur im Menschen, sondern in der ganzen Welt in Form der Sonne, dem Feuer im Herd oder dem Glanz in Edelsteinen. Die Funktionen jeder Art von agni sind Umwandlung, Hitzeproduktion sowie Bildung von Farbe und Schein.

Im Menschen führt agni dazu, dass Kraft, Mut und Intelligenz gebildet werden und Immunität entsteht. agni ist ein zentraler Faktor für die Prozesse des Lebens und Alterns. Der agni in einem Individuum stellt eine Funktion von pitta dar. Das kann man sich so vorstellen, wie Tee heiß sein kann: die Hitze ist agni und der heiße Tee ist pitta.

agni im Körper wird in dreizehn Formen aufgeteilt:

  • ein jaṭharāgni – Verdauungsfeuer des Gastrointestinaltraktes
  • fünf bhūtāgni – Verdauungsfeuer der fünf Grundelemente (bhūtas)
  • sieben dhātvagni – Verdauungsfeuer der sieben Grundgewebe (dhātus)

jatharagni – Verdauungsfeuer des Gastrointestinaltraktes

Der jaṭharāgni ist der wichtigste agni. Aus ihm entstehen alle anderen Formen von agni. Er sitzt in Magen und Duodenum und verdaut das aufgenommene Essen. Dort spaltet er die Nahrung auf und trennt sie in die Nahrungsessenz und Abfallstoffe. Dabei nutzt er die aus ihm entstehende Energie, also Anteile seiner selbst, um sie an die anderen, von ihm abhängigen agni-Formen, weiterzugeben. Bei dieser Verdauung entsteht der Nährsaft, der aufgenommen und zu den bhūtāgnis transportiert wird.

Fünf bhutagnis – Verdauungsfeuer der fünf Grundelemente

Die bhūtāgnis verdauen die vorverdaute Nahrung weiter in immer feinere Anteile, bis eine homologe Flüssigkeit aus den Elementen (mahābhūtas) Erde (pṛthivī), Wasser (āp), Feuer (tejas), Luft (vāyu) und Raum (ākāśa) entsteht.

Dabei verdaut jeder bhūtāgni die Substanzen, die aus den gleichen Grundelementen bestehen wie er selbst und reduziert damit komplizierte Kombinationen von Elementen zu vielseitig einsetzbaren elementaren Einzelteilen. Der in fünf elementare Gruppen aufgeteilte, homogenisierte Nährsaft wird dann mit den klaren Flüssigkeiten, rasadhātu, in die Zirkulation im Körper geschickt.

Sieben dhatvagnis – Verdauungsfeuer der sieben Grundgewebe

Durch den Nährsaft werden direkt die Gewebe des Körpers ernährt. Jedes der sieben Gewebe, dhātus, hat seinen eigenen agni, der in den Gewebekanälen und in jeder Zelle dieses Gewebes sitzt. Diese ziehen aus dem Nährsaft die elementaren Bausteine heraus, die für den Gewebeaufbau und Stoffwechsel notwendig sind. So sorgen sie für Aufbau und Ernährung der eigenen dhātu und die Bildung von dhātu-spezifischen Abfallprodukten.

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