Seit einigen Jahren gehen immer wieder Berichte über Schwermetalle in ayurvedischen Medikamenten bis hin zu Schwermetallvergiftungen durch die Behandlung mit ayurvedischen Mitteln durch die Presse.

Dies verunsichert Patienten, die sich mit einer natürlichen Medizin wie dem Ayurveda eine nebenwirkungsfreie Behandlung erhoffen. Ayurvedisch arbeitende Ärzte, Therapeuten und die ayurvedische pharmazeutische Industrie sehen sich hier in der Defensive. Bedauerlicherweise bestimmen meist v. a. Meinungen und Mythen die Diskussion. Der Artikel soll Klarheit und Transparenz in die Diskussion bringen.

Ayurvedische Pharmakologie

Der Ayurveda ist das mit Abstand größte traditionelle indische Medizinsystem, das seit mindestens 2000 Jahren nachweislich und in ungebrochener Tradition praktiziert wird. Im Verlauf dieser langen

Zeit hat sich die ayurvedische Medizin immer wieder auch neuen Entdeckungen und Strömungen geöffnet, insbesondere im Mittelalter kamen neue Behandlungsstrategien und -optionen über den medizinischen Austausch mit dem europäischen und arabischen Raum hinzu.

Daher unterscheidet man heute 2 Formen der Pharmakologie und Pharmazeutik im Ayurveda: 

dravyaguna beschäftigt sich mit der traditionellen Materia medica. Die pharmakologisch wirksamen Substanzen werden anhand ihres Geschmacks, ihrer Eigenschaften, der Wirkpotenz und der Wirkung nach Abschluss des Verdauungsprozesses sowie mittels besonderer Wirkungen beschrieben. Es werden Herstellungen aus Pflanzen, tierischen Produkten wie Honig, Milch, Fleisch oder Urin sowie Mineralien wie Salze oder Kalziumverbindungen aus Korallen oder Perlen beschrieben, Dinge, die sich oft auch in der Ernährung des Normalbürgers finden oder nicht eingenommen werden..

Alle Präparate aus dem Bereich von dravyaguna sind natürlicherweise frei von Schwermetallen.

rasa-shastra beinhaltet die Metallopharmakologie. Sie ist erst im indischen Mittelalter (ca. 800–1300 n. Chr.) entstanden, als mit Metallen und Schwermetallen experimentiert wurde. rasa-shastra basiert auf der Beobachtung, dass über eine Abfolge von komplizierten Prozessen wie Verreiben, Verkochen, Veraschen, Basen- und Säurenversatz Schwermetalle zu Wirkungsträgern werden. Die zentrale Substanz dieser Metallopharmakologie ist rasa, Quecksilber.

Es ist beschrieben, dass auf diese komplizierte Weise „gereinigtes“ Quecksilber seine Toxizität verliert und potenter in seinen Wirkungen ist als die Pflanzenpharmakologie bzw. in Kombination deren Wirkungen katalysieren kann. Als weitere Vorteile der rasa-shastra-Medikamente werden genannt, dass geringere Dosen an Substanz benötigt werden, die Präparate neutral schmecken und länger haltbar sind. Die Rezeption von rasa-shastra ist in der Fachwelt ambivalent. Einerseits werden diese Produkte in Indien gern verschrieben und große Ayurveda-Universitäten in Indien haben eigene Lehrstühle und Abteilungen für die Metallopharmakologie. Andererseits wird das Thema vor dem Hintergrund unzureichender moderner Anforderung an Wirksamkeitsnachweisen entsprechend der EBM-Kriterien und anekdotischer Fallberichterstattung zu Vergiftungen durch rasa-Präparate auch unter den Fachleuten des Ayurveda kontrovers diskutiert. Festzuhalten ist, dass in Medikamenten aus der Metallopharmakologie, des rasa-shastra also, natürlicherweise hohe Dosen von Schwermetallen enthalten sind.

Zusammenfassung

Die ayurvedische Pharmakologie besteht aus zwei Arten von Medikamenten. dravyaguna beschäftigt sich mit pflanzlichen und tierischen Produkten und darf keine Schwermetalle enthalten. Enthalten diese Produkte Schwermetalle, ist dies auf eine Verunreinigung, meist durch Umweltverschmutzung, zurückzuführen.

Der zweite, mittelalterliche, rasa-shastra, besteht aus Verbindungen mit Metallen und Schwermetallen. Diese Produkte sind in Europa und den USA nicht legal erhältlich. Auch in Deutschland sind nur ayurvedische Produkte zugelassen, die keine Schwermetalle enthalten.

Alle Glieder der Versorgungskette mit ayurvedischen Heilmitteln, die indischen und europäischen Regierungen, Produzenten, Importeure, der behandelnde Arzt sowie der Patient selbst sind in der Verantwortung, sichere und für die Patienten nicht toxische ayurvedische Produkte zu fördern.

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